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THEMA: Contergan-Prozess vor 50

Contergan-Prozess vor 50 15 Dez 2020 09:24 #47578

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Contergan-Prozess vor 50 Jahren eingestellt - Aber kein Schlussstrich

Pharmaindustrie

Von Ulrike Hofsähs 14.12.2020 um 08:53 Uhr

1970 stellte das Landgericht Aachen den Strafprozess gegen Mitarbeiter des Pharma-Unternehmens Grünenthal ein. Dabei ging es um schwere Missbildungen Tausender Kinder durch ein Arzneimittel. Der Contergan-Skandal gehört zur Geschichte der Bundesrepublik - und wirkt noch immer nach.
<p>Das Schlaf- und Beruhigungsmittel Contergan steht in einer Vitrine im Deutschen Museum.</p>
Das Schlaf- und Beruhigungsmittel Contergan steht in einer Vitrine im Deutschen Museum. | Foto: dpa

Vor 50 Jahren ging der Contergan-Prozess abrupt zu Ende: Das Landgericht Aachen stellte am 18. Dezember 1970 den Strafprozess gegen den Chef und acht Mitarbeiter des damaligen Contergan-Herstellers Grünenthal ein. Nach zweieinhalb Jahren Dauer war zuvor ein Ende nicht absehbar gewesen.

Jetzt aber hatten die Eltern der mit schweren Missbildungen geborenen „Contergan-Kinder“ einen Vergleich geschlossen: Grünenthal zahlte 100 Millionen D-Mark (51,13 Millionen Euro). Die Aufarbeitung des Arzneimittel-Skandals mit noch etwa 2.500 in Deutschland lebenden Geschädigten dauert immer noch an.

Heute sind die einstigen „Contergan-Kinder“ um die 60 Jahre alt. Viele von ihnen wurden mit verkürzten Gliedmaßen geboren. Ihre Mütter hatten in der Schwangerschaft das seit 1957 erhältliche, rezeptfreie Schlafmittel Contergan eingenommen. Dieses thalidomidhaltige Medikament wurde im November 1961 aus dem Handel genommen.

Das Geld von Grünenthal ging in eine Stiftung, der Bund zahlte ebenfalls 100 Millionen D-Mark, doch die Summe ist längst aufgebraucht. Seit 1997 kommen die Mittel für die Renten aus dem Bundeshaushalt. Eine deutliche Erhöhung gab es 2013. Das erleichterte die Situation für viele. Anlass war ein Gutachten über die körperlichen Folgeschäden. Die Lebenserwartung der Geschädigten ist viel länger als zunächst angenommen.

Es gebe nun auch pauschale Auszahlungen und damit Planungssicherheit, berichtet Georg Löwenhauser, der Vorsitzende des Bundesverbands Contergangeschädigter, der etwa 80 Prozent der Betroffenen vertritt. Sie seien den Bundestagsabgeordneten dankbar für die per Gesetz beschlossenen Änderungen. Auch der Software-Entwickler konnte vor einigen Jahren in Rente gehen. „Mein Körper hat sich regeneriert“, erzählt der 59-Jährige. Er hat kurze Arme.

Die jahrzehntelange starke Belastung von Gelenken, Muskeln und Bändern ist merkbar: Wer eine Tasse immer mit den Zehen zum Mund heben muss, weil er keine Arme hat, strapaziert die Gelenke. „Wir leben mit einem Körper, der eigentlich 20 Jahre älter ist“, sagt Löwenhauser. Die Tätigkeiten im Alltag dauern länger. „Viele von uns brauchen Hilfe: beim Anziehen, Einkaufen, auch im Urlaub“, sagt er.

<p>Der Vorsitzende des Bundesverbandes der Contergan-Geschädigten, Georg Löwenhauser</p>
Der Vorsitzende des Bundesverbandes der Contergan-Geschädigten, Georg Löwenhauser | Foto: dpa

Als Folge des Stiftungsgesetzes sind Ansprüche gegen Grünenthal erloschen. Manche wollten bis heute nichts zu tun haben mit dem Pharmaunternehmen, berichtet Löwenhauser. Doch er sagt auch, dass Grünenthal inzwischen in einer Stiftung ergänzend Hilfen anbietet. Die Mitarbeiter arbeiteten „extrem unbürokratisch und schnell“: Etwa wenn ein Auto oder eine Küche behindertengerecht umgebaut werden müssen.

Als Konsequenz aus dem Contergan-Skandal wurde in den 1970er Jahren in der Bundesrepublik ein neues Arzneimittelrecht geschaffen, das viel mehr von Kontrolle und Überwachung geprägt ist. Zuvor gab es keine präventive Prüfung auf Sicherheit und Wirksamkeit der eingesetzten Stoffe. Neue Arzneimittel mussten dem damaligen Bundesgesundheitsamt ohne eine vorherige Prüfung nur angezeigt werden. Heute - auch in der Corona-Pandemie ist das deutlich geworden - gibt es gesetzliche Auflagen zur Überwachung. Diese enden nicht mit der Zulassung eines Präparats. Sobald ein Medikament an Menschen getestet wird, muss das Bonner Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eingeschaltet werden.

2012 bat Grünenthal die Betroffenen um Entschuldigung - für das lange Schweigen. Im selben Jahr wurde die „Grünenthal-Stiftung zur Unterstützung von Thalidomidbetroffenen“ gegründet. 2016 entschuldigte sich das Land NRW bei den Contergan-Opfern für die Rolle der Behörden. Das Land hätte mutiger, hartnäckiger und schneller handeln müssen, nachdem Anfang der 1960er das Ausmaß der Schäden durch das Medikament bekannt geworden sei, sagte die damalige Gesundheitsministerin, Barbara Steffens (Grüne).

Die Betroffenen wünschen sich mehr Mitsprache in der Contergan-Stiftung, die sie betreut. Im Stiftungsrat sitzen drei Vertreter von Bundesministerien, zwei Contergan-Geschädigte, aber kein Arzt. Die Geschädigten regen seit langem eine Studie an über Gefäße, die in ihren Körpern oft anders verlaufen. „Wir haben zu oft den Eindruck, es wird über unseren Kopf hinweg entschieden“, sagt Löwenhauser. (dpa)
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Contergan-Prozess vor 50 02 Sep 2022 08:13 #49530

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Contergan-Prozess vor 50 02 Sep 2022 08:15 #49531

Folge 2
Im letzten Teil des TV-Dokudramas spielt die Pharmafirma vor Gericht auf Zeit. Der Druck zermürbt nicht nur Familie Wegener.

Es ist ein extrem ungleicher Kampf, auf den sich Anwalt Paul Wegener (Benjamin Sadler) einlässt, um die Pharmafirma zur Rechenschaft zu ziehen, die Schuld ist an der Behinderung seiner Tochter. Kinderarzt Dr. Lange (Ernst Stötzner) und Staatsanwalt Feddersen (Sylvester Groth) unterstützen ihn.

Eine Armada gegnerischer Anwälte, angeführt vom Zyniker Dr. Naumann (August Zirner), setzt alles daran, die Prozessdauer zu verlängern, bis die Sache durch Verjährung ohne Urteil zu den Akten gelegt werden muss. Daheim fühlt sich Vera (Katharina Wackernagel) allein gelassen…

Juristische Ränkespiele, korrupte Politiker, hilflos entsetzte Eltern und fürs Leben gezeichnete Kinder – dieser Spielfilm kommt der grausamen Wahrheit erschreckend nahe.
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Contergan-Prozess vor 50 02 Sep 2022 09:03 #49532

  • Dalufi
Den Film hatte ich damals mit meiner Mutter angeschaut- für uns beide sehr emotional.

Contergan-Prozess vor 50 15 Mär 2023 15:17 #50043

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Contergan-Prozess vor 50 15 Mär 2023 19:10 #50044

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Und bis heute haben wir noch keine Entschädigung von Grünenthal bekommen...und die Stiftung macht eine Studie nach der anderen für was und wen...?
Gruß
Birgit
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Contergan-Prozess vor 50 16 Mär 2023 09:09 #50046

  • Dalufi
Lilly schrieb:
Und bis heute haben wir noch keine Entschädigung von Grünenthal bekommen...und die Stiftung macht eine Studie nach der anderen für was und wen...?
Gruß
Birgit


Wir sind im falschen Land zur Welt gekommen. Hätte sich das Ganze in Amerika abgespielt, wäre ein Kampf um eine angemessene Entschädigung kein Thema gewesen.

Contergan-Prozess vor 50 16 Mär 2023 13:07 #50049

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Eine öffentliche und mündliche Entschuldigung (nach 50 Jahren) von den Grünenthalern und 50 Mio Mark in eine Stiftung (was natürlich kein Geständnis war ) wars dann wohl.
Erbärmlich und ohne Respekt.
Selbst ein Weg von tausend Meilen beginnt mit einem Schritt
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Contergan-Prozess vor 50 16 Mär 2023 17:42 #50050

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Es ist unglaublich was so gar nicht passiert, man sitzt es einfach aus.
Wir hatten alle kein selbstbestimmtes Leben. Egal ob Berufswahl, Hobby oder wer uns täglich den Hintern abwischt. Es gab zur damaligen Zeit keine Waschtoiletten. Ich persönlich konnte in diesem Moment gar nicht soviel fressen, wie ich gerne gekotzt hätte. Was für ein intimer und persönlicher Moment, den man teilen musste.
Es gibt da sehr viele Politiker, die sich unendlich schämen müssen. Eine Verdreifachung unserer Renten haben mit einer gerechten Entschädigung nichts zu tun. Diese Zahlung ist lediglich der Ausgleich, für das was wir in unserem Leben niemals erreichen konnten und werden.
Gruß
Micha
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Contergan-Prozess vor 50 16 Mär 2023 18:44 #50051

  • Dalufi
Das waren für mich auch die schlimmsten Momente und das kann kein Geld der Welt wieder gutmachen.

Contergan-Prozess vor 50 16 Mär 2023 19:01 #50052

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Die Verdreifachung unserer Renten war nur gerecht..von was haben wir denn jahrelang vorher Leben müssen..wenn man nicht arbeiten konnte..das hat doch niemanden interessiert..
..man hat uns doch über Jahrzehnte im Regen stehen lassen...und jetzt sind wir doch immer noch Bittsteller...mit Gesetzen und Vorschriften...wann und wo können wir denn über unser Geld frei Verfügen..
nirgends...alles wird uns vordiktiert und bestimmt..
Hallo wird sind alle erwachsen und Jeder versucht sein Leben zu meistern..von uns ist ni ,xemand unfähig etwas zu entscheiden..aber das kapiert weder die Stiftung noch das Familienministerium..einfach nur zum schreien..
Liebe Grüße
Birgit
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