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Osnabrücker Zeitung 29.12.2013
Weihnachtskonzert im Schafstall
Bad Essen: Gelungener Feldzug für die Panflöte
Bad Essen. Das traditionelle Weihnachtskonzert im Bad Essener Schafstall an der Bergstraße sollte man auf keinen Fall verpassen! Diese Erkenntnis hatte sich längst bei allen Zuhörern im einschließlich des allerletzten Platzes besetzten Konzertsaals durchgesetzt.
Nie zuvor war es dem veranstaltenden Kunst- und Museumskreis gelungen, bereits im Vorverkauf sämtliche Karten abzusetzen. Einen guten Instinkt, verbunden mit einer gesunden Portion Risikobereitschaft, bewiesen die Mitarbeiter im Schafstall mit der Verpflichtung der selten zu hörenden kammermusikalischen Besetzung für Panflöte und Harfe – mit Matthias Schlubeck und Isabel Moretón.
Schlubeck gehört seit Jahren zur Weltspitze dieses uralten Blasinstruments, dessen Name auf den Hirtengott Pan zurückzuführen ist und dessen Wirkung einen festen Platz in der griechischen Mythologie besitzt. Durch seine rege Konzerttätigkeit im In- und Ausland führt der Interpret einen geradezu unermüdlichen Feldzug für die Akzeptanz dieses bis dato folkloristischen Instruments, das man eher mit wehmütigen rumänischen Hirtenweisen als mit differenzierter klassischer Musik verbindet.
Aufgrund der überragenden Fähigkeiten des Künstlers in technischer und vor allem interpretatorischer Hinsicht gerät jedes Konzert zu einem Triumph und führt das Instrument heraus aus der exotischen Nische mitten hinein in den internationalen Konzertbetrieb.
Auf dem Programm des Bad Essener Weihnachtskonzerts standen Vertreter des musikalischen Barock wie Arcangelo Corelli, Georg Philipp Telemann und Johann Sebastian Bach sowie einige Vertreter der Romantik wie Gabriel Verdalle und Jules Massenet und, wie es sich für ein Weihnachtskonzert gehört, entsprechende Literatur wie das bekannte „A child is born“ nach der Greensleeves-Melodie der englischen Renaissance und die hochromantische „Comte de Noël“ für Harfe solo von Alphonse Hasselmans.
Höchst einfühlsam
Die beiden Interpreten präsentierten in allen Werken die gesamte Palette des musikalischen Ausdrucks von einem wunderbar zarten und einfühlsamen Arioso und diversen Meditationen bis hin zu schwungvoll und tänzerisch dargebotenen Pastorellen, wobei die Harfenistin Isabel Moretón in jeder Phase den wichtigen und zuverlässigen Part des Begleiters einfühlsam übernahm.
Da die Panflöte lediglich durch das „Fünfton-Motiv“ des Papageno aus Mozarts Zauberflöte Eingang in die klassische Musik fand und somit keine eigene Literatur besitzt, mussten die Interpreten auf wichtige Werke der Blockflöten- und Oboenliteratur zurückgreifen. Ein Verfahren, das eine absolute Berechtigung hat und das Publikum im Schafstall restlos überzeugen konnte.
Was aber macht dieses Instrument beim Publikum so beliebt? Vielleicht ist es dieser zauberhafte, leicht hauchige Ton mit der betörend ruhigen und entspannenden Wirkung, wie man es oft bei gut ausgebildeten Sängern erlebt.
Auf jeden Fall ist – musikpsychologisch gesehen – kaum ein anderes Instrument der menschlichen Stimme so nahe wie die Panflöte, wenn sie so unglaublich innig und wundervoll mit Herzblut gespielt wird wie von Matthias Schlubeck.
Für die Anwesenden im Schafstall war es noch eine Nuance ergreifender, wenn man erleben konnte, wie der durch das Medikament Contergan geschädigte Interpret ohne Unterarme und Hände sein Instrument so überzeugend bedient.
Die musikantische Seele des Hörers wurde in diesem Konzert tief berührt. Der Applaus, das sogenannte Brot des Künstlers, muss nicht immer jubelnd und frenetisch sein. Ein inniger und lang anhaltender dankbarer Applaus tut ein Übriges.
Aber auch die Freunde des Virtuosen und des Spektakulären kamen voll auf ihre Kosten bei der Interpretation der temporeichen und rassigen „Czardas“ von Vittorio Monti.
Dieses Konzert im Bad Essener Schafstall gehört zweifellos zur Kategorie der zeitgenössischen lehrreichen Darbietungen, wie man es heutzutage von kompetenten Interpreten erwarten darf. Hier findet keine oberflächliche Berieselung statt, sondern hier handelt es sich um Künstler, die durch eine sachkundige Moderation und restlos überzeugende Interpretation dem Publikum die Literatur und vor allem die Instrumente nahebringen, sodass sich die Zuhörer emotional erwärmt und musikantisch bereichert auf den Heimweg machen konnten.