Contergan-Opfer Johannes Igel will Mahntafel für Contergan-Opfer aber nicht mit Grünenthal reden
Eine einzige Tablette hat genügt. So war es auch im Fall von Johannes Igel aus dem Hunsrück, der in Stolberg eine Mahntafel für die Contergan-Opfer anbringen lassen will. Kommenden Mittwoch trifft sich Igel deswegen mit Bürgermeister Ferdi Gatzweiler.

Es war nur eine einzige Tablette des Beruhigungsmittels von Grünenthal in Stolberg, die seine Mutter in der Schwangerschaft eingenommen hatte. Die Schwangere konnte nicht ahnen, dass der Wirkstoff Thalidomid unmittelbar auf das Baby in ihrem Bauch Einfluss haben würde. Contergan, das 1957 auf den Markt kam und vier Jahre später aus dem Handel genommen wurde, galt als gut verträglich und wirksames Medikament.
Was es auch ist – sofern es nicht von Schwangeren eingenommen wird. In der Schwangerschaft eingenommen, verursachte der Wirkstoff Fehlbildungen von Armen und Beinen, die typisch für Contergan-Opfer sind. Aber auch innere Organe sind betroffen.Bei Johannes Igel waren es die Beine – sie sind stark verkürzt. „Dass mit mir etwas nicht stimmte, damit hat niemand gerechnet. Die Schwangerschaft meiner Mutter verlief völlig problemlos, darum bin ich auch zu Hause auf die Welt gekommen“, erzählt Igel. Damit ist er einer von 100 000 Fällen mit Missbildungen. 90 Prozent der Kinder starben bereits im Mutterleib. Zirka 2800 Contergan-Opfer leben in Deutschland.
„Als Kind macht man sich keine Gedanken darüber, dass man behindert ist. Du kennst es ja nicht anders.“
Der 47-Jährige hat gelernt, mit seiner Behinderung zu leben. Igel hatte auch gar keine andere Wahl, wenn er überleben wollte. „Als Kind macht man sich keine Gedanken darüber, dass man behindert ist. Du kennst es ja nicht anders.“ Schlimm wurde es mit dem Beginn der Pubertät. „Die Zeit als Jugendlicher war echt hart, ich habe mich wirklich durchboxen müssen.“ Mehr sagt er nicht dazu.
Im Gegensatz zu vielen Leidensgenossen hat Igel, der verheiratet ist, einen festen Arbeitsplatz: Er ist angestellt im Sozialamt der Gemeinde Morbach. Der 47-Jährige ist froh darüber, arbeiten zu können. Und das nicht nur, weil er seine kleine Familie ernähren muss. In seinem Job kann er Menschen helfen. Das ist ihm eine Herzensangelegenheit. Eine Herzensangelegenheit ist für Igel auch das Anbringen einer Contergan-Gedenktafel in Stolberg. Sie soll an die Überlebenden erinnern, aber auch an die Kinder, die tot zur Welt kamen. Auf die Idee kam er, als er den Contergan-Film im Fernsehen sah. Wichtig sei, dass die Tafel einen Platz bekommt, wo sie von vielen Menschen gesehen wird. „Damit die Opfer nicht vergessen werden.“
Die Gedenktafel war kürzlich auch Thema im Beschwerdeausschuss der Stadt Stolberg. Die Stadt ist einverstanden, empfahl aber, sich bei der Planung mit der Contergan-Stiftung und der Firma Grünenthal abzusprechen. Bürgermeister Ferdi Gatzweiler kümmert sich persönlich um das Projekt, „wir werden uns am 28. Oktober zu einem Gespräch treffen. Ich finde das gut, wie die Stadt auf mein Anliegen eingeht“, erklärt Johannes Igel. Als möglicher Standort für die Gedenktafel ist das Museum Zinkhütter Hof, das u.a. auch als Veranstaltungsort für große Events genutzt wird, im Gespräch. Was Igel jedoch kategorisch ablehnt, ist ein Gespräch mit Vertretern der Firma Grünenthal respektive der Familie Wirtz. „So wie die mit uns umgegangen sind und immer noch umgehen, ist für mich ein Gespräch undenkbar“, stellt Igel klar. Die Gestaltung der Gedenktafel ist noch völlig offen. Finanziert werden soll die Tafel über einen Spendenaufruf, so Igel.

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