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THEMA: Behinderte Menschen ein bisschen Reform ! 11.6

Behinderte Menschen ein bisschen Reform ! 11.6 11 Jun 2012 19:47 #19133

  • Brigitte1959
Behinderte Menschen Schon ein bisschen Reform wird sehr teuer
tb, 11.06.2012 15:33 Uhr

Auch ein Arbeitsplatz ist wichtig, wenn Behinderte am Alltag teilhaben wollen. Foto: dpa






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Stuttgart - Typisch Politik: am 3. Mai 2008 ist das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Kraft getreten. Seit fast drei Jahren gilt die UN-Konvention auch in Deutschland. Seither ist viel die Rede von „Teilhabe“, „Inklusion“ oder „Konversion“. Passiert ist aber lange nicht so viel, wie geredet wurde – und wird.

Menschen mit Behinderungen – so der Tenor der UN-Charta – sind in allen Lebensbereichen rechts- und handlungsfähig; niemand darf über ihren Kopf hinweg entscheiden. Sie sollen teilhaben am gesellschaftlichen Leben. Sie sollen nicht in ­Sondereinrichtungen lernen, sondern die Möglichkeit haben zu lernen, wo alle das tun. Das meint Inklusion. Sie sollen frei entscheiden, wo sie mit wem leben wollen. Das setzt Konversion in Gang, denn bis jetzt leben Menschen mit Behinderung oft in Spezialeinrichtungen, die fern des alltäglichen dörflichen oder städtischen Lebens errichtet wurden. Die Träger dieser Heime beginnen, die zentralen Großanlagen umzugestalten und kleine Wohngruppen in den Gemeinden aufzubauen.

Da geschieht immerhin etwas. „Auch fast drei Jahre nach Inkrafttreten werden weiterhin für Menschen mit Behinderung relevante Gesetze erarbeitet und verabschiedet, die nicht mit den Vorgaben der Konvention übereinstimmen beziehungsweise die zu berücksichtigenden Besonderheiten nicht aufnehmen.“ Das stellte Michael Conty fest. Er ist Vorsitzender des Bundesverbandes der evangelischen Behindertenhilfe (BeB); dessen 600 Mitgliedseinrichtungen halten Angebote für mehr als 100 000 Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung bereit.

Behindertenfragen haben offenbar keine Priorität

Am 19. März hatte der Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages zu einer Sachverständigenanhörung zu dem Thema eingeladen, bei der Conty diese Feststellung machte. Es gibt offenbar viel zu tun, denn: „Das Sozialgesetzbuch, insbesondere das deutsche Fürsorgesystem, setzt auf Nachteilsausgleich und Kompensation und steht damit in diametralem Widerspruch zu den zentralen Gedanken assistierter Freiheit und Inklusion der Behindertenrechtskonvention“, sagte Conty. Für den Herbst 2011 war der Entwurf für ein Gesetz zur Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe avisiert. Doch: Fehlanzeige bis heute. Unter den Betroffenen wird schon geunkt, dass behindertenpolitische Fragen bei der Arbeits- und Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) auf der Prioritätenliste halt nicht oben stünden. Und es gibt auch noch die Landesebene.

„Die von der UN-Behindertenrechtskonvention geforderte Inklusion, also die volle Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen, ist ein vorrangiges Ziel der neuen Landesregierung.“ So steht es im grün-roten Koalitionsvertrag. Wie vorrangig, wird sich indes zeigen müssen. Im Hintergrund laufen auch hier seit Jahren Erhebungen und Gespräche über Fakten und Konsequenzen.

Im Land bekommen 60 000 Menschen Eingliederungshilfe

Was sind die Fakten? Ende 2010 gab es in Baden-Württemberg laut Sozialministerium knapp 60 000 Menschen, die Eingliederungshilfe erhielten. Etwa 33 000 davon bezogen Unterstützung fürs Wohnen, 23 000 in stationärer, 10 000 in ambulanter Form. Die Landesregierung nimmt an, dass in rund 20 sogenannten Komplexeinrichtungen im Land etwa 7500 Plätze vorgehalten werden. Dort wohnen und arbeiten Menschen mit Behinderung, sie gehen dort zur Schule oder erlernen eine berufliche Tätigkeit, sie werden dort medizinisch und pflegerisch versorgt und verbringen auch ihre Freizeit dort.

Solche Einrichtungen haben mindestens hundert Plätze auf einem Areal, die Johannes-Diakonie in Mosbach ist mit 1400 Plätzen an zwei Standorten eine der bundesweit größten. Diese Form der Unterbringung ist weit entfernt von den Grundsätzen der UN-Charta. Darum ist bei den Trägern eine Diskussion in Gang gekommen, wie sie ihre Einrichtungen umbauen und dezentralisieren können, um den von der Politik gesetzten Maßstäben gerecht zu werden. Erste Antwort: Abbau von Heimplätzen in den Zentralen und Aufbau kleinerer Einheiten in Gemeinden.

Die Konkurrenz der zentralen Anbieter ist gefürchtet

Das klingt einfacher, als es ist. Die Verwaltungsreform 2005 brachte schon einen Umbruch. Seither sind die Stadt- und Landkreise für die sogenannten Teilhabepläne zuständig. Dort wird der Bedarf erhoben und geklärt, wie er gedeckt wird. Dabei wartet niemand auf zentral stationierte Träger, die es in die Fläche drängt. Dort gibt es oft kleine Anbieter, mit denen die Kreise zusammengearbeitet haben und die die Konkurrenz kritisch sehen.

Dazu kostet die Neuausrichtung Geld. Die Komplexeinrichtungen sind teilweise noch gar nicht so alt, als dass die Bindungsfrist für die Staatszuschüsse abgelaufen wäre. Die müsste man zurückzahlen, wenn man das geförderte Modell aufgibt. Die Träger wollen etwa 2000 der 7500 Plätze dezentralisieren. Das sei eigentlich „nicht ausreichend, um einen tatsächlichen Umbau der Behindertenhilfe einzuläuten und bedarfsgerechte Angebote dort zu schaffen, wo sie benötigt werden“, erklärt der Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) in einer Stellungnahme zum Thema.

Doch würde schon dieser Umbau Investitionen von 255 Millionen Euro erfordern. Bei einer Förderquote von derzeit 40 Prozent müsste das Land hiervon 102 Millionen Euro beisteuern. Wo es doch verschärft darüber nachdenkt, wo es Ausgaben streichen kann. Das wäre aber noch nicht alles. Die Modernisierung der verbleibenden 5500 stationären Plätze veranschlagt der KVJS mit 145 Millionen Euro. Das würde für das Land einen Fördermittelbedarf von weiteren 58 Millionen Euro bedeuten.


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